Joe Zawinul aus der Nähe
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http://www.jazzthing.de/news/index.shtmlEr trank gern Slivovitz und aß am liebsten Backhendl. Zum Ausgleich boxte er oder schwamm. Vor fünf Jahren, als man seinen 70. Geburtstag vorfeierte, kam der damalige österreichische Bundespräsident Thomas Klestil, mit dem Joe Zawinul schon seit der gemeinsamen Schulzeit befreundet war, zur Feier ins Rathaus. Der Wiener Oberbürgermeister überreichte dem Pianisten den Goldenen Ring der Stadt. Wenn Zawinul in seiner Heimatstadt war, wohnte er in einer Hotel-Suite mit Blick auf jenen Vorstadtbezirk, wo er aufgewachsen war. Als er vor zwei Monaten 75 wurde, winkte er ab: Keine große Sache.
Der Mann konnte erzählen. Bis zuletzt schöpfte er aus dem Vollen. Von Richard Bona zu Salif Keita, von Weather Report zu Miles Davis. Das erste längere Engagement hatte er bei der Sängerin Dinah Washington.
„Ich ging ja 1958 nach Amerika, weil ich lernen wollte. In Wien war für mich nichts mehr zu holen. Ich habe dann in der schwarzen Community gelebt, eine schwarze Frau geheiratet, mit ihr eine Familie gegründet und in schwarzen Bands gespielt. Und ich habe weiße Menschen wirklich gehasst zu der Zeit - als ich nach Amerika kam, gab es ja noch Rassentrennung. Doch wenn ich im Süden gespielt habe, war es ganz selbstverständlich, dass ich bei Schwarzen wohnte. Die haben mich behandelt wie einen König. Man konnte in ihren Häusern vom Fußboden essen, sie haben ihre Kinder gut erzogen, das war alles sehr okay. Einmal hatte ich mit Dinah Washington einen Auftritt in Odessa, Texas, das Haus war ausverkauft, es war ein schwarzes Haus und der Besitzer war Schwarzer. Da wollte mich eine weiße Polizistin daran hindern, auf die Bühne zu gehen, und Dinah sagte, dass sie dann auch nicht singen wollte, und so sind wir durch die Hintertür raus. Die Leute haben den Laden zertrümmert, so war das damals,“
So berichtete Zawinul im Interview in seiner Heimatstadt, als er dort vor drei Jahren seinen Jazzclub „Birdland“ eröffnete. „Birdland“ hieß auch eine Zawinul-Komposition, mit der seine Band Weather Report Erfolg hatte.
Zwischen 1961 bis 1970 komponierte Zawinul für die Cannonball Adderley-Band die großen Hits des schwarzen Jazz, und Miles Davis, der Zawinul mit dessen Komposition „In a silent way“ abwerben sollte, beneidete Cannonball für sein schwarzes Publikum. Zawinul war damals der einzige Weiße in der Adderley Band gewesen, das brachte dem Bandleader allerdings auch Kritik von Seiten der Black Muslims ein.
„Später habe ich dann auch viele Weiße kennen gelernt, die für die Gleichberechtigung und gegen den ganzen rassistischen Dreck gekämpft haben,“ sagte Zawinul.
Anfang August wurde Zawinul aus seiner Tourtätigkeit gerissen. Seine Frau war unlängst verstorben, jetzt musste er ins Krankenhaus. Man solle sich nicht sorgen, ließ Zawinul noch verkünden: Keine große Sache. Neue Tourneepläne wurden bereits besprochen, man dachte, dass er im Herbst wieder auf der Bühne stehen würde. Doch die Diagnose war Krebs. Am frühen Morgen des 11. September 2007 starb Joe Zawinul im Wiener Wilhelminenhospital.
Zusammengestellt von Stefan Broecking und Axel Stinshoff
Herzliche Grüße Iron